Ökumenische Antwort auf menschen-verachtende Haltungen, Äußerungen und Handlungen
Die Geschichte unseres Landes lehrt uns, wie nationalistische Ideologien zu Feindschaft, Unmenschlichkeit und Terror führen, wie völkische Überheblichkeit in einen Abgrund von Gewalt und Vernichtung, Tod und Vertreibung hineinreißt. Daraus erwächst uns in der Gegenwart die Verpflichtung, besonders wachsam zu sein und für Freiheit und Menschenwürde einzutreten.
Die Geschichte der christlichen Kirchen lehrt uns, wie – durch menschliche Schuld – gutgemeinter Eifer für die Wahrheit der eigenen Überzeugung in unbarmherzige Abgrenzung und mörderische Feindschaft umschlagen kann. Sie zeigt uns aber auch, dass – durch Gottes Gnade – Versöhnung und gegenseitige Annahme möglich sind. In der ökumenischen Zusammenarbeit erfahren wir eine Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit.
Die Gegenwart unseres Landes im Herzen Europas zeigt uns schmerzlich, wie Hass und Hetze die Atmosphäre zunehmend vergiften, wie Diskriminierung und Ausgrenzung das Zusammenleben lähmen, wie Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit die Gesellschaft spalten, wie Polarisierung und Anfeindung die Verständigung ruinieren, wie Lügen und Falschmeldungen die Demokratie weiter untergraben und zersetzen, wie Verleumdung und Verunglimpfung unsere Beziehungen zerstören.
Als christliche Kirchen in ökumenischer Gemeinschaft treten wir solchen menschlichen Verirrungen und Verkehrungen entgegen, wir setzen die guten Gaben und Weisungen Gottes dagegen und bezeugen auf der Grundlage von erfahrener Vergebung und erlebter Versöhnung:
dass Barmherzigkeit auch tiefste Wunden heilt, dass Vergebung und Versöhnung aus Schuld und Verstrickung befreien, dass Wahrhaftigkeit und Verantwortung neue Wege eröffnen, dass die Bereitschaft zu Aufnahme und Annahme neue Gemeinschaft ermöglicht, dass Dialog neue Möglichkeiten und Perspektiven erschließt, dass Mitmenschlichkeit unsere Bestimmung ist – und Liebe das Gebot Gottes für uns.
Wir sagen ja zur Liebe und sagen Nein zum Hass. Wir setzen uns ein für Verständigung und Respekt. Wir beten um weite Herzen und wache Augen, um offene Ohren und ausgestreckte Hände.
Stuttgart, zum 23.5.2024
Tag des Grundgesetzes
75 Jahre nach 1949